Dienstag, 28. Juni 2011

Kraków und Fronkreisch

Ich schreibe aus meinem Hotelzimmer in der Krakauer Innenstadt - nach einer guten Woche in Deutschland bin ich heute für eine fünftägige Mathematik-Konferenz nach Krakau geflogen, meine erste. Mit dabei sind meine Betreuerin der Masterarbeit, eine andere Professorin und ein Doktorand, alle aus der Arbeitsgruppe "Math-Cancer". Ich kann nur sagen, dass es bisher großen Spaß macht mit ihnen hier zu sein. So eine Atmosphäre ist sicherlich nicht selbstverständlich.

Meine Zweifel, die ich noch gestern hatte, ob und wie ich meine Doktorarbeit in Marseille machen soll, haben wir diskutiert, was sehr gut getan hat.

Ich wollte noch die abendliche Diskussion mit Sébastien, dem Doktoranden schildern. Es ging um das Mathestudium in Frankreich (und das deutsche System dagegen). Es ist nicht so, dass das gerade neu für mich wäre, aber durch unser Gespräch ist es mir gerade so klar, dass ich es irgendwo festhalten möchte.

Grob gesagt: Fast jeder macht in Frankreich Abi. Danach gibt's zwei Möglichkeiten, normales Studium an der "fac" oder "prépa & grand école". Die Zweite ist ein zweijähriger Büffelmarathon, bei dessen erfolgreichen Abschluss einem die Türen in eine Eliteuniversität offensteht (wo zwar auch nur mit Wasser gekocht wird, auf ähnlichem Niveau mit den deutschen Unis), aber mit deutlich besseren Berufsaussichten. Wenn man damit fertig ist, hat man keine großen Probleme, ein Promotionsstipendium zu finden. Auch selbständiges Arbeiten lernt man seht gut. Bei dem Weg, der allen offensteht, fängt man mit einem erbärmlichen Niveau an, nach 4 Jahren Studium ist man so selbständig wie ein Grundschüler. Deswegen machen fast alle, die einen Master 2 Recherche oder sogar ein Doktorat anhängen wollen, die "agreg", noch eine Büffelorgie, die dazu dient, vom Lotterleben in den ersten Unijahren auf das Niveau eines M2 zu kommen. In diesem 5. Jahr sind übrigens die "normaliens" der "grandes écoles" und die Leute von der "fac" gemischt an den Unis. Bis dahin keine großen Überraschungen, außer, dass es in Deutschland auch ohne den Stress à la française an den öffentlichen Unis klappt, die Leute auf gutem Niveau zu halten.

Im Gegensatz zu Deutschland, wo man gleich nach Studienbeginn relativ klar das erwartete Niveau in Mathe kennenlernt, ist es in Frankreich schwierig für jemanden, der sich nicht sicher ist, ob Mathe für ihn das richtige ist. Entweder, er lässt sich auf eine zweijährige Tortur an einer École préparatoire ein (wofür man eigentlich schon wissen sollte, ob Mathe das Traumfach ist), oder, er startet mit einem großen akademischen Handycap ins Studium.

So, ab ins Bett; morgen 9h geht es los, 10 Stunden Mathe... gute Nacht!

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