Montag, 29. Juni 2009

Juli

Alles hat bisher geklappt wie gedacht: Ich habe mich heute mit dem Prof getroffen, er hat mir bereits ein erstes Buch gegeben, morgen nach meiner letzten Klausur werde ich offiziell einen Vertrag unterschreiben und die Schlüssel zum Raum für Gastdozenten^^ bekommen. Mit mir zusammen werden eine Doktorantin aus Argentinien und ein richtiger Gastprof in diesem Raum arbeiten. Das Buch, das ich lesen soll, wurde passenderweise genau von diesem Prof übersetzt... wird ihn freuen, dass ich es lese, nehme ich an.

Gerade ist unsere Vermieterin da; morgen geht Florine und sie übergibt ihr Zimmer. Heute abend grillen wir auf unserer Dachterrasse, ihre und gleichzeitig Sabines Verabschiedung. Irgendjemand hat wohl schon ihr Zimmer unter die Lupe genommen.

Freitag, 26. Juni 2009

Mathematik im Alltag: Benfordsches Gesetz

Dank eines Spiegel-Artikels, bzw. dank Ina, die mich darauf aufmerksam machte, nun eine kleine Geschichte für alle Mathematiker und Mathematikinteressierten. Die auf den ersten Blick irritierend anmutende Ausgangsfrage ist die folgende:

Gibt es "auf der Welt" mehr ganze Zahlen, die mit der Ziffer 1 beginnen, als solche, die mit einer 9 beginnen?

Es heißt, Coulomb, ein amerikanischer Mathematiker, habe sich Ende des 19. Jahrhunderts diese Frage gestellt, als er in einem Buch mit Logarithmentafeln feststellte, dass die ersten Seiten wesentlich abgegriffener als die letzten waren - die Zahlen waren nach Anfangsziffer geordnet, er hatte also öfter den Logarithmus einer Zahl, die mit 1 beginnt, gesucht als den einer Zahl, die mit 9 beginnt. Benford lieferte etwa 50 Jahre später die mathematische Theorie dazu.

(Puh, leider komme ich nicht ohne eine kleine Definition aus. Dann also ganz mathematisch:)
Definition
Eine Menge ganzer Zahlen heißt benford-verteilt, wenn die Mantissen ihrer Logarithmen gleichverteilt sind.

(Jetzt stellt sich die Frage, wie ich das erkläre...)
Also, nehmen wir als Beispiel die Zahl 29979. Ihr Logarithmus ist 4,4768 (das heißt, dass 10 hoch 4,4768 = 29979 ergibt). Die Mantisse bezeichnet nun einfach die Nachkommastellen. Die Mantisse des Logarithmus von 29979 ist also 0,4768. Gleichverteilt bedeutet, dass jeder Wert der Mantisse zwischen 0 und 1 mit der gleichen Wahrscheinlichkeit vorkommt.

Für eine benford-verteilte Menge gilt nun Folgendes:
Die Wahrscheinlichkeit, dass 1 als erste Ziffer einer zufällig ausgewählten Zahl auftritt, beträgt etwa 30,1%. Mit zunehmender Zifferngröße nimmt diese Wahrscheinlichkeit immer weiter ab; bei 9 beträgt sie ca. 4,6%. Die 1 kommt somit ca. 6,5 mal häufiger vor als die 9.

Zur Veranschaulichung nehmen wir eine benford-verteilte Menge: Die jährlichen Kontostände bei eingezahlten 100 Euro und einem Zins von 10% (der nur der Übersichtlichkeit wegen so groß ist) während 25 Jahren.
Die jährlichen Kontostände sehen dann so aus:
Jahr Geld
0........100
1........110
2........121
3........133
4........146
5........161
6........177
7........194
8........214
9........235
10......259
11......285
12......313
13......345
14......380
15......417
16......459
17......505
18......556
19......612
20......673
21......740
22......814
23......895
24......984
25......1083

Natürlich habe ich etwas "geschummelt", indem ich bei einer Zahl mit 1 angefangen und aufgehört habe. Dieser Effekt wird aber neutralisiert, wenn verlangt wird, dass die Zahlen genügend verschieden sind, dass die größte und kleinste um einen großen Faktor, z.B. 1000 auseinanderliegen. (Das wäre im Fall des Kontos ein Beobachtungszeitraum von 100 Jahren).
Das spannende/verblüffende daran ist nicht, dass sich diese Mengen derart verhalten, sondern dass extrem viele Datensätze benford-verteilt sind: Sie sind es immer, wenn irgendwo ein Wachstumsprozess im Spiel ist, zum Beispiel Bevölkerungswachstum, Pflanzenwachstum, Inflation, etc.
So würde man bei einem willkürlichen Messungsprozess, der einen großen Unterschied an Zahlen einschließt, z.B. bei der Messung der Pflanzengröße einer bestimmten Art in Mikrometern, den selben Effekt feststellen.
Desweiteren sind sehr viele wirtschaftsrelevante Datensätze benford-verteilt. Das Potential dieser Theorie liegt vorallem darin, dass mittels des sog. Benford-Tests (Häufigkeit der Anfangsziffern zählen) Manipulationen, zum Beispiel in Bilanzen einer Firma, aufgedeckt werden können (vorausgesetzt, sie hat keinen guten Statistiker).
Auch Bevölkerungszahl-abhängige Datensätze sind benford-verteilt, und damit bin ich wieder beim Ausgangsthema angekommen, dem Spiegel-Artikel:

Die Wahlergebnisse Ahmadinedschads im Iran, aufgeteilt nach Wahlkreisen, sind nicht benford-verteilt, diejenigen des Oppositionsführers Mussawi dagegen schon.

Die Daten erfüllen die Bedingung der großen Wertstreuung, da die Wählerzahlen in den jeweiligen Wahlkreisen zwischen mehreren Zehnerpotenzen schwanken.

Leider ist der Benchford-Test immer nur ein Indikator, da er nur über Wahrscheinlichkeiten spricht, aber keine Verteilung völlig ausschließt. Bei gerade einmal 360 Wahlkreisen liegt kein ausreichend schwerwiegendes Argument vor.

Außerdem, ganz pragmatisch: Falls es tatsächlich korrekte Neuwahlen geben sollte, wäre ein anderes Wahlergebnis zuallererst auf die Proteste und ihre gewaltsame Unterdrückung zurückzuführen!

Abschiedsstimmung

Ihr anderen, die ihr nach eurem Erasmus-Jahr wieder zuhause seid, könnt sicher gut nachempfinden, wie es sich anfühlt, wenn eine Abschiedsfeier die nächste jagt. Florine packt gerade ihre Sachen, denn Montag geht sie schon. Daisy, die Kanadierin, hat mir ein wunderschönes Abschiedsgeschenk gemacht - eine selbstgetöpferte Schale; "Daisy Sevilla 09" hat sie auf der Unterseite eingeritzt (das müsst ihr mir jetzt einfach glauben^^).


Durch meine Prüfungen habe ich mich mehr (im Quotient mit der Vorbereitungszeit) oder weniger (im Bezug aufs Mögliche) erfolgreich durchgewurstelt, es fehlt nur noch "numerische Analysis und Optimierung" am kommenden Dienstag. Direkt im Anschluss fängt dann ja auch mein mathematisches Juliprogramm an, auf das ich schon sehr gespannt bin. Ich halte euch auf dem Laufenden.

Montag, 22. Juni 2009

Mal wieder ich, wenn auch nur kurz

Frische Milch aus den Westkarpaten:
Einer lenkt ab, der andere kann melken!Nach ausgiebigem Reisen seit Mittwoch wieder zurück in Sevilla. Mit 41°C im Schatten wurde ich empfangen... diese Woche kommen einige Prüfungen für die Uni, dann viele Abschiedfeiern. Am 29.6. treffe ich mich mit meinem Prof, um dann hoffentlich wie geplant im Juli anzufangen in der Uni zu arbeiten.